Freitag, 2. September 2011

Geht die Welt noch kleiner?

schottland zum Zweiten


Wie klein die Welt doch ist. Da gibt es so viele Städte a) in Schottland, b) in Grossbritanien, c) in Europa und nicht zuletzt d) auf der Welt. Und ausgerechnet in Edinburgh, einer nicht unbedingt bedeutdenden Tourismus- Stadt, treffen sich zwei Luzerner, die sich zuvor in Luzern, einer Provinzszadt im Vergleich zur Hauptsadt Schottlands, noch nie (bewusst) über den Weg gelaufen sind. Kevin (aka: "ech ha ehre tüüf id Auge gluegt") besuchte also zur gleichen Zeit, das gleiche Hostel (und davon hat es hier sehr veile) und dazu noch das gleiche Zimmer wie ich. Natürlich mussten wir diesen Zufall gebührend feiern und haben uns ohne Umweg in die Edinburgh'er Nachtszene geworfen. Na ja, der Teil mit "ohne Umweg" stimmt so nicht ganz. Unser Ziel war wohl klar definiert, aber eine passende Bar zu finden, stellte sich als äusserst schwierig heraus. Wir liefen wohl mehrere Stunden (!) durch Edinburgh, bevor uns der Hunger ins Nuudel- Haus (Noodle House) verschlug. Dort halfen uns dann drei nette, junge Frauen, ein angenehmes Lokal mit anständiger Live- Musik zu finden. Den Rest des Abends, die Geschichten der angsteinflössenden Ramona aus Griechenland/Serbien/Russland/Iran/Irak/Ukraine/Weissrussland (running gag ;)) etc. lasse ich mal vorsichtshalber weg...


Den gestrigen Tag haben wir uns dann in die Anfänge der Highlands gewagt. Na ja, in die Anfänge der Anfänge der ... Unmittelbar vor der Stadt sind ein paar kleine Hügel, die allerdings bereits die unglaubliche Schönheit der "echten" Highlands erahnen lassen. So ähnlich wie die Schweizer Bergen und trotzdem so total anders. Dunkel, farblos und trotzdem weich und elegant. Ob ich mich noch weiter in das Hochland wagen werde, wird sich zeigen. Je nach Lust und Laune und nicht zuletzt nach Möglichkeit. Kevin ist heute dann weiter Oslo. Viel Spass, Junge!


Und heute dann tatsächlich, der Beweis: die Welt geht noch kleiner. Durch Edinburgh schlendernd werde ich plötzlich von hinten angestupst. Zuerst dachte ich, es sei einer dieser WWF- Typen, von denen hat es zu dieser Zeit gewimmelt. Als ich mich dann, nachdem ich mir eine "sorry, ich verstehe ihre Sprache nicht"- Taktik ausgedacht habe, umgedrehte, blickte ich jedoch in ziemlich vertraute Gesichter. Zwei meiner Nachbarn standen vor mir. Aus Luzern. Zwei von den gut 75'000 Einwohnern stehen plötzlich einer Metropole, welche ohne Touristen schon knapp eine halbe Million Menschen beheimatet, am anderen Ende des Kontinents, vor mir. Zufälle gibts.


Da ich mich eigentlich vor den "must see- Attraktionen" hüte, war ich etwas skeptisch, als ich das Castle, das Wahrzeichen der Stadt, besuchte. Als Geschichts- Freak kam ich aber so oder so nicht darum herum und da mir Chrissie den Eintritt zum Geburtstag schenkte, blieb mir auch noch das lästige Anstehen erspart. Über das Schloss gibt es viele Meinungen. Meine Meinung ist allerdings stark beeindruckt. Da viele Teile des Schlosses seit Jahrhunderten bestehen, ist für mich das Gefühl, dass genau an jenem Platz, an dem ich jeweils stand, vor langer Zeit Geschichte passiert ist und geschrieben wurde tiefgehend und mitreissend. Natürlich sind überall Tafeln aufgehängt, Hinweisschilder montiert und Lautsprecher befestigt, teilweise zerstören sie mehr, als dass sie an Atmosphäre schaffen, aber im Grossen und Ganzen ist die moderne Einwirkung in die spannende Geschichte durchaus gelungen.


Geschichte ist meist romantisch. Sieger und Erfolge brachten ihren Helden und dem Vaterland Ehre und Stolz. Romantik pur. Man darf nicht vergessen, dass Sieger auch immer Verlierer mit sich ziehen. Oft genug hat Geschichte mehr Tragik erlebt als heroische Siege feiern können. Die Schreie, das Leid und die Qual aus den Kerkern sind verschwunden. Geblieben sind faszinierende, leere Räume, in denen undenkbare Dunkelheit und Schmerz den Alltag bildete. Wir können die Kerker jederzeit wieder verlassen, zu viele konnten das nicht. Auf den Schlachtfeldern von Falkirk und Sterling (welche ich auch noch besuchen will) ist das Blut, welches den Boden tränkte, längst verschwunden, die Kampf- und Schmerzschreie verstummt, Heldensagen sind entstanden, denn Sieger hat auf beiden Schauplätzen gegeben. Sieger hat es immer gegeben, denn ohne sie ensteht keine Geschichte. Zu wenige haben diese Schlachtfelder aber wieder lebend verlassen, zu viele haben alles -ihr Leben- verloren. Ich halte jeweils einen Moment inne, wenn ich solch geschichtsträchtige Orte besuche, denn sie zeigt nur allzu oft, wozu wir Menschen fähig sind. Im Guten wie im Schlechten...



P.S. Als Highlite des Tages (nebst der Erkenntniss, dass die Welt immer kleiner wird), kann ich getrost erzählen, dass ich es geschafft habe, mich in einem Bahnhof, welcher etwa einen fünftel so gross ist wie jener in Luzern, hoffnungslos zu verlaufen. :)

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