Mittwoch, 31. August 2011

Edinburgh- erste Eindrücke

Ich bin unschlüssig, wie ich meinen ersten Blog aus Schottland beginnen soll. Ich variiere zwischen "Ich liebe Edinburgh" und "Edinburgh macht mich depressiv". Aber der Reihe nach:


Ohne Schlaf gings morgens um drei Richtung Basel. (Danke Adi und Tanja für's fahren/begleiten!). Müde kämpfte ich mich schliesslich durch die Sicherheitsschleussen am Flughafen und fand meinen Weg viel zu früh in die Boarding- Zone. Da EasyJet sehr viel für aufgegebenes Gepäck berechnet, habe ich mich entschlossen, ausschliesslich Handgepäck mitzunehmen. Mein kleiner (genau abgemessener) Koffer war denn auch sehr gut gefüllt. Normalerweise konnte ich immer zusätzlich zum Handgepäck meine (Handtaschen-grosse) Kameratasche mitnehmen. So wollte ich es auch dieses mal machen und war guter Dinge, so boarden zu können. Eine Mitarbeterin der Fluglinie rief dann aber, ca. 10min vor dem Boarding, aus, dass EasyJet da "riguros durchgreife" und keine zweite Tasche, egal ob Handtasche oder Laptoptasche oder was auch immer, erlaube. Ich hielt es für einen Standard- Spruch und dachte mir nichts weiter dabei. Als sie das Ganze aber zum fünften Mal wiederholte und unentwegt in meine Richtung starrte, wurde ich unsicher. Was sollte ich also tun? Meinen Koffer für 70 Franken aufgeben wollte ich auf keinen Fall. Somit blieb mir nur die Möglichkeit, die Kameratasche in meinen vollen Koffer zu quetschen. Ich begann also, eine Minute vor dem Boarding, meinen Koffer umzuräumen und versuchte die Tasche noch reinzuwürgen. Ich muss dabei entweder A) hilflos, B) unterhaltend oder C) total ungeschickt ausgesehen haben, denn einige der wartenden Passagiere schienen ab meinem Versuch amüsiert zu sein. Das Ergebnis meines Versuches war, dass ich meinen Koffer nicht mehr schliessen konnte und im unteren, rechten Eck meine Kamera aus dem Rucksack blinzelte und ich die Ziehhilfe des Koffers nicht mehr ausfahren konnte. Nun denn, ich hatte zuimindest nur noch ein Gepäckstück und es sollte immer noch den Richtlinien entsprechen. Ich überwand also das Boarding und trug meinen Koffer so zum Flugzeug und betete (...), dass mein Koffer das durchhielt und nicht reissen würde. Er riss nicht! :)

Der Flug verlief dann so ereignisslos, wie man sich das bei einem schlafenden Passagier nur vorstellen kann. Nach gut zwei Stunden kam ich dann in Edinburgh an.


Ohne einen Plan, wohin ich genau musste, setzte ich mich in den erstbesten Bus. Meine Intuition leitet mich meistens richtig. ;)

Meine ersten Eindrücke von Edinburgh waren denn auch so geteilt, wie es mein Einleitungssatz erahnen lässt. Die Stadt hat unglaublich faszinierende, alte Gebäude, die mit Bestimmtheit sehr viel zu erzählen haben. Sie sind sozusagen der Inbegriffe der Geschichte. Sie versetzen einem zurück ins Mittelalter. Ins dunkle Mittelalter. In eine düstere Zeit voller Trostlosigkeit und Überlebenskämpfe. Edinburgh als Trostlos zu beschreiben, wäre dann aber falsch. Aber es wirkt depressiv. Alles ist dunkel, ist farblos. Es ist, als ob man die Unterdrückung der Engländer nie wirklich überwunden hat und ein Trauma erschaffen wurde, das sich in einer selbstzerstörerischen Art und Weise in den Gebäuden dieser Stadt zeigt. Es ist, als würde William Wallace' Ruf nach Freiheit mit jedem Gebäude, mit einer störrischen Bitterkeit, eine neue Stimme verliehen werden. Und kommt dann mal ein knalliges oranges Haus dazwischen, ein lebändiges gelbes Gebäude, so wirken diese verloren und ausgeschlossen. Edinburgh scheint nicht gewillt, Lebensfreude auszustrahlen. Selbst die vielen vielen Parks mit ihren Bäumen und Wiesen sind in ein dunkles Grün gehüllt, welches perfekt zur ganzen Szenerie passt.


Doch da gibt es auch noch diese andere Seite von Edinburgh. Eine mystische. Eine zauberhafte. Wir leben in einer zu globalen Welt, um wahrhaftig an Märchen zu glauben, an Zauber, an Magie. Edinburgh verführt einem in eine illusorisch echte/echt illusorische Welt, in der alles möglich scheint. Man wähnt sich in eine Zeit versetzt, in der nicht die ganze Welt enteckt ist. In eine, in der hinter jedem Hügel ein neues Wunder warten kann. Wären da nicht diese abertausende von Menschen, welche mich immer wieder unsanft in die Realität holen würden, würde ich wohl zum Kettenpanzer, Schwert und Schild greifen und die Welt entdecken wollen.


Es ist ein schmaler Grat zwischen düsterer Bitterkeit und magischer Ungewissheit. Ich bin mir noch unschlüssig, in welche Richtung mich diese Stadt ziehen wird. Aber dazu bleibt ja noch eine Woche Zeit.


Der Bus war im Übrigen der Richtige. Er führte mich direkt ins Stadtzentrum von Edinburgh und in die Nähe meines Hostels. Mittlerweile sitze ich in diesem Hostel und warte darauf, dass ich einchecken kann. Morgen mehr!

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